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Mittwoch, 20.12.2023

Barrieren abbauen: der CARIsatt-Laden

Seit 2021 ist Doreen Nieswand die Leiterin des CARIsatt – Dein Platz im Kiez in der Steinbockstraße 25. Eine Straßenseite außerhalb der Weißen Siedlung und doch ein wichtiger Ort für deren Bewohnerinnen und Bewohner. Die Mission des Projekts beschreibt sie wie folgt: „Wir wollen sozialbenachteiligte Menschen unterstützen und stärken. Unter Benachteiligungen verstehen neben finanzieller Bedürftigkeit auch sehr viel mehr. Zum Beispiel Einsamkeit oder viele Arten von Schamgefühl. Es geht uns darum, unsere Besucher:innen zu empowern, ihr Selbstbewusstsein zu stärken sowie Barrieren abzubauen. Wir sind eingebettet in ein eher gutsituiertes Viertel. Da gibt es auch Vorurteile gegenüber unserer Zielgruppe, zum Beispiel Angst, dass in der Gegend mehr Unruhe oder Müll entstehen. Oder dass gestohlen werden könnte. Solchen Einstellungen wollen wir entgegentreten und für Begegnungen auf Augenhöhe im Kiez sorgen.“

Über ein Praktikum im Rahmen eines Studiums kam Doreen Nieswand zur Caritas, wo sie im Anschluss im Kompetenzzentrum für interkulturelle Öffnung der Altenhilfe das Projekt DeMiCo leitete. Es ging darum, für Demenzerkrankte Aufmerksamkeit in migrantischen Communities herzustellen. Während der Corona-Pandemie erhielt sie dann das Angebot, im CARIsatt-Laden ein Nähprojekt aufzubauen. Das bedeutete für sie den Einstieg in die Strukturen in der Steinbockstraße, für die sie heute verantwortlich ist.

Verkaufen statt verschenken

Von Unterstützern wie Supermärkten, dem Lebensmittelgroßhandel und Herstellern werden Lebensmittelspenden und Dinge des täglichen Bedarfs für die Weitergabe an Bedürftige zur Verfügung gestellt. Diese werden dann zu einem geringen Preis weiterverkauft. Damit unterscheidet sich das Konzept von CARIsatt – Dein Platz im Kiez von dem der Berliner Tafeln. Ziel ist es, den Besucher:innen ein normales Einkaufserlebnis zu ermöglichen, bei dem sie freie Wahl haben und sich frei von Scham nicht als Bittsteller fühlen müssen.

Mit der Etablierung eines Nähworkshop gibt es eine Erweiterung des Ladenkonzepts hin in Richtung Nachbarschaftstreffpunkt. Ergänzt wird es um verschiedene Angebote, in die Nachbarinnen und Nachbarn sich einbringen können. So gibt es donnerstags immer die offene Küche, wo gemeinsam gekocht und gegessen wird. Immer wieder finden Feste, wie ein Sommer- oder Herbstfest statt.

Beim Kiezflohmarkt im Herbst für alle im Kiez war beispielweise auch ein Straßenkünstler dabei, der riesige Seifenblasen machte, oder das Schulsanitätsprojekt eines Berliner Gymnasiums.

Steigende Nachfrage und niedrigschwellige Angebote

Dafür, dass sich der Einsatz lohnt, sprechen die Zahlen. Von 2022 nach 2023 hat sich die Anzahl der Kundinnen und Kunden nahezu verdoppelt. Im November dieses Jahres gab es mehr als 900 Besucherinnen und Besucher.

Wichtig ist Doreen Nieswand, dass die Beratungsangebote, die es im Laden auch gibt, so niedrigschwellig ansetzen, dass sie auch angenommen werden. „Wenn wir bei der normalen Sozialberatung der Caritas jemanden irgendwohin schicken, kann es vorkommen, dass er oder sie einfach nicht hingeht. Somit kann eine dringend erforderliche Beratung nicht stattfinden. Deshalb machen wir hier alles, was geht, direkt vor Ort. Also bieten wir beispielsweise ganz konkret Hilfen beim Ausfüllen von Anträgen an, etwa für Wohn- oder Kindergeld.“

Darüber hinaus bieten die Stromsparchecker der Caritas regelmäßig Energieberatungen vor Ort an – und machen dann Termine, bei denen sie die zu Beratenden zu Hause besuchen und schauen, wo im Einzelfall tatsächlich konkret Strom gespart werden kann. Etwa durch Austausch überalterter elektronischer Geräte „Wenn dann mal ein alter Kühlschrank gegen einen neuen ausgetauscht werden soll, kümmern sie sich auch um Zuschüsse.“

Ehrenamtler und Wiedereingliederungshilfen

CARIsatt – Dein Platz im Kiez arbeitet im Wesentlichen mit Ehrenamtlern und bietet daneben Jobqualifikationen beziehungsweise Wiedereingliederungshilfen in den ersten Arbeitsmarkt. Gelernt werden soll dabei nicht zuletzt auch die Aufnahme eines strukturierten Tagesablaufs, die für den Einstieg in einen regulären Job das A und O ist.

Gemeinsam mit Doreen Nieswand arbeiten zwei hauptamtliche Sachbearbeiterinnen, die sich zusammen eine halbe Stelle teilen. Zusätzlich gibt es eine 16i-Maßnahme – eine von der Arbeitsagentur geförderte Stelle, die zum Ziel hat, Erwerbsfähigen Teilhabechancen zu ermöglichen. Außerdem gibt es im CARIsatt – Dein Platz im Kiez einen Bufti, also jemanden, der ein Bundesfreiwilligenjahr absolviert – und natürlich die aktuell elf ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen, die das Herz des Ladens bilden. Diese engagieren sich hier aus ganz unterschiedlichen Gründen. Entweder handelt es sich um ältere Menschen (80+), die ihre Zeit mit sinnvollen Aufgaben ausfüllen wollen, um Menschen aus anderen Herkunftsländern oder solche, die selbst bedürftig sind und gern etwas zurückgeben wollen. Auch Geflüchtete vor den Kriegen in der Ukraine oder Syrien haben schon zur Besetzung gehört; ebenso ein Mensch mit Duldungsstatus aus der West-Sahara.

Wir und die: Anbindung ans Umfeld

Im Kiez gab es, erinnert sich Doreen Nieswand, anfangs Berührungsängste. Zum Beispiel wurde gemutmaßt, dass durch den Laden ein zusätzliches Müllproblem entstehen könnte und Personen angezogen werden, deren Anwesenheit nicht erwünscht sei. „Dagegen“, sagt Doreen Nieswand, „hilft nur, immer im Gespräch zu bleiben. Reden, reden, reden. Dann kommt man auf eine gemeinsame Ebene – und es kommt auch vor, dass aus zunächst gar nicht wohlgesonnene Nachbar:innen mit einem Mal engagierte Unterstützer:innen werden.“

Hier hilft auch die Strategie, immer wieder Feste und offene Angebote zu machen und die Nachbarschaft einzuladen. Die macht dann auf längere Sicht meist gerne mit und spendet auch immer wieder gern Dinge, die dann tatsächlich helfen.

Über diese Unterstützung freut sich Doreen Nieswand ebenso wie über die gute Zusammenarbeit mit dem Quartiersmanagement und anderen Akteuren im Kiez. Insbesondere mit dem Clubhaus Phase 2 und dem Nachbarschaftstreff Sonnenblick gibt es regelmäßig Kooperationen. „Es ist“, fasst Doreen Nieswand zusammen, „ein beständiges Geben und Nehmen.“

Text: H. Heiland, Bilder: CARIsatt