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Die Koffer Akademie und ihre Eltern-Kind-Workshops
Mona El-Khansa, Anna Pernpeintner und Lorenz Kühl sind die Koffer Akademie. Tag für Tag bringen sie mit ihrer Arbeit Kindern Bildung, Kunst und Kultur näher. Kern ihrer Philosophie ist dabei der Gedanke, dass Lernen Spaß machen muss, wenn es etwas bringen soll. Dafür besuchen sie auf Exkursionen mit Gruppen von bis zu 15 Kindern zwischen sechs und 16 Jahren außerschulische Lernorte wie Museen im gesamten Stadtgebiet. Sie betreiben in der Sonnen-Grundschule das „Clever-Labor“, und mit dem Projekt "Clever macht Spaß!" bieten sie Lernkurse und Projekttage mit unterschiedlichen Bildungsschwerpunkten an. Mit dem Eltern-Kind-Workshops „Komm, wir spielen Schule“ richten sie sich an Familien mit ihren Kindern ab dem ersten Lebensjahr.
Was sich in der Aufzählung nicht zuletzt nach viel Arbeit anhört, ist für die drei Koffer Akademiker seit Jahren deutlich mehr als ein Job; was sie tun, verstehen sie als Herzensangelegenheit und Lebensform. 2012 haben sie sich – noch als studentische Honorarkräfte – im Kindeclubhaus Dammweg kennengelernt und beschlossen, zusammen etwas auf die Beine zu stellen. Seitdem haben sie sich ein eigenes Arbeitsumfeld nach ihren Vorstellungen geschaffen. Mit ihrer ganz eigenen Gestaltung von Bildungsangeboten begleiten sie ihre Schützlinge kontinuierlich über lange Zeiträume. Und freuen sich, wenn sie die Erfolge ihrer Bemühungen irgendwann selbst beobachten können. Zum Beispiel, wenn aus „langjährigen Exkursions-Stammkunden“ regelrecht professionelle Ausstellungskritiker werden oder Kinder sich mit ihren Erfahrungen identifizieren und Freunden gegenüber sagen: „Ich bin ein Clever-Kind“.
Lernen durch positives Erleben
2016 gründeten sie die Koffer Akademie als gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG). Die Realisierung ihrer Projekte durch Förderungen – etwa aus dem Projektfonds des Programms „Soziale Stadt“, aus dem derzeit die „Eltern-Kind-Workshops“ finanziert werden – ermöglicht das Festhalten am zentralen Eintritt-frei-Prinzip. Die Standorte, an denen die Angebote stattfinden, wechseln sie bewusst, um das Netzwerk der Akteure im Kiez zu stärken. Mit Aktionen wollen sie auffallen. Schließlich sollen alle kommen oder zumindest die Möglichkeit dazu haben. So werden sie auf der Straße zum Beispiel durch ausgefallene Kulissen oder auch mal eine Kostümierung schnell erkannt, mit den Einrichtungen vor Ort wie der Sonnen-Grundschule, der Kita Debora, dem Kinderclubhaus Dammweg oder dem Quartiersmanagement arbeiten sie eng zusammen.
Ihr zentrales Anliegen ist es, Kinder durch gemeinsames Tun und schöne Erlebnisse zu fördern. Es geht um Inspiration, die auch weitergegeben werden kann. Dafür werden vor allem einfache Materialien verwendet. So bleiben die Kosten gering, und alles kann zu Hause oder in anderen Kontexten leicht nachgemacht werden. Kinder sollen lernen, dass sie vieles selber können. Zu den Workshops gibt es in der Regel die Bastelanleitungen als Handouts.
Während die Koffer Akademiker bei den Lernkursen im Rahmen von „Clever mach Spaß!“ je nach Spezialgebiet einzeln ihre Erfahrungen vermitteln, treten sie bei Exkursionen und bei „Komm, wir spielen Schule“ grundsätzlich zu dritt auf.
„Das ist auch notwendig!“, sagt Anna Pernpeintner. „Schließlich gibt es immer viele Interessen und Fragen, die gleichzeitig an uns herangetragen werden.“ So müssen etwa Kostüme oder Arbeitsmittel fertiggestellt werden, während auch Elternfragen keinen Aufschub dulden. Und bei den Exkursionen – bei denen Eltern übrigens ausdrücklich nicht erwünscht sind – muss darüber hinaus – gerade im Straßenverkehr oder in den Museen – noch die Aufsichtspflicht eingehalten werden.
Fokus auf der ganzen Familie
„Komm, wir spielen Schule“ stellt Spiele und Aktionen aus dem Bereich der außerschulischen Bildung in den Vordergrund. Beim Ausgestalten und Erleben beispielsweise einer „Steinzeithöhle“ sollen Kinder gemeinsam mit ihren Eltern kreativ werden, Erfahrungen machen und so spielerisch Wissen aneignen. Hier geht es nämlich nicht wie bei einer Nachhilfestunde darum, Kinder gezielt für ein bestimmtes Fach fit zu machen. Stattdessen treten Mona El-Khansa, Anna Pernpeintner und Lorenz Kühl mit ihrem Konzept einen Schritt zurück und sprechen Kinder und Eltern viel grundsätzlicher an.
Denn es geht auch darum, Ängste abzubauen. Etwa davor, dass das eigene Kind im bisher unbekannten System Schule nicht bestehen könnte. Außerdem soll überlegt werden, was die jeweiligen Rollen im Lernprozess sind – und wie sie im Optimalfall aussehen könnten. Denn oftmals setzen sich Eltern mit ihren Kindern an deren Hausaufgabe, ohne zu bemerken, dass sie damit unangenehme Lernsituationen fortsetzen und verfestigen. Darunter leidet die Stimmung dann häufig, weil alle überfordert sind. Eine Atmosphäre, die zum Lernen anregen könnte, weicht so Erfolgsdruck und Genervtheit.
Davon will „Komm, wir spielen Schule“ weg. Sehr früh schon regt das Projekt Eltern an, sich gemeinsam mit ihren Kindern auf spielerischem Weg elementare Kulturtechniken anzueignen. Schwerpunkte sind Sprechen, Schreiben und Lesen. Wünsche, Interessen und Bedürfnisse der Beteiligten werden in die Programmgestaltung von Anfang an mit aufgenommen.
„Das ist auch für uns interessanter“, sagt Mona El-Khansa. „Schließlich wollen auch wir uns weiterentwickeln, neue Erfahrungen machen und mit unseren Aufgaben wachsen. Wir haben uns das ja ausgesucht, dass wir einen Job machen, in dem sich nicht jeder Tag anfühlt wie der vorherige. Immer müssen wir uns auf die jeweiligen konkreten Gegenüber einstellen. Und gerade Kinder haben meist einen eigenen starken Willen.“
Dieses Ziel scheinen sie erreicht zu haben. Und die gute Annahme ihrer Projekte im Kiez zeigt, dass es sich lohnt, an den eigenen Weg zu glauben. Bleibt nur noch die Frage, was sie sich für die Zukunft und die weitere Entwicklung wünschen. Da sind sie sich schnell einig: Sie wollen im Quartier mit seinen engagierten Akteuren weitermachen und dabei den Blick nicht aufs Negative richten, sondern auf das, was Möglich ist. Und vielleicht entsteht ja auf längere Sicht noch einiges, das bisher nur in ihren Vorstellungen existiert. Ein eigenes Mitmachmuseum etwa, das Räume für noch ausgefeiltere Ansätze zu Szenografie und Museumspädagogik direkt vor Ort bietet. „Das wäre einer unserer Träume“, sagt Mona El-Khansa.
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